Konversion: Zivile Arbeitsplätze statt Militärpräsenz


Die weltweiten Klimaveränderungen und die Corona-Pandemie haben gezeigt, dass es  eine Reihe von Problemfeldern gibt, die von der Politik bearbeitet werden müssen. Mit militärischen Mitteln sind diese Probleme nicht zu lösen. Im Gegenteil: Militärische Geräte in der Luft, im Wasser, am Boden und im Weltraum verschärfen die Klimaverschlechterungen erheblich. Militäreinsätze gehören zu den Fluchtursachen weltweit und Flüchtlingslager werden zu Pandemie-Hotspots.

Die seit Anfang des Jahrtausends geführten Kriege haben nicht zur Befriedung beigetragen, sondern gescheiterte Staaten erzeugt mit marodierenden Banden und einer extremen Arbeitslosigkeit: so in Afghanistan, im Irak, in Libyen, im Jemen und in Syrien. Mali steht ebenfalls kurz vor dem staatlichen Zusammenbruch. Weitere Feindbilder sind im Blick der NATO-Militärstrategen: z.B. Russland, China, Iran und Nordkorea. Diese Kriegsspirale muss gestoppt werden.

Die umfangreichen finanziellen Mittel, die in die Kriegswirtschaft fließen, werden an anderen Stellen dringend benötigt. Globalisierung braucht keine Kriegswirtschaft, sondern friedliche Regeln, gegenseitigen Respekt und zivile Konfliktlösungen, damit für die Menschen angemessene Lebens- und Arbeitsbedingungen, Bildungseinrichtungen, ein ausreichendes Gesundheitswesen und andere Bereiche der Daseinsvorsorge geschaffen und demokratisch gestaltet und kontrolliert werden.

Ramstein gehört zu den zentralen Orten der heutigen Kriegswirtschaft. Durch die Äußerungen über eine mögliche Truppenreduzierung in Deutschland ist auch die Frage in den Raum gestellt, was passiert mit der Militärregion Ramstein nach einem Abzug aller US Truppen. Eine jahrzehntelange Gewöhnung an die Militärpräsenz erschwert solche Überlegungen, zumal die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Militär nicht unerheblich ist. Aber muss angesichts der aktuellen weltweiten Probleme, wie sie hier kurz angerissen wurden, nicht ohnehin über einen Wandel in der internationalen Politik nachgedacht werden und über einen Verzicht auf militärische Mittel zur Konfliktlösung?

Deshalb ist es schon heute erforderlich, über Konversionsmöglichkeiten nachzudenken. Gemeint ist damit der Wandel von der Militärregion zu einer Region mit vielen neuen zivilen Produkten, mit neuen Wohngebieten, dem Ausbau von Klein- und Mittelbetrieben und einer Erweiterung der High-Tech.-Region Kaiserslautern. Die dafür erforderlichen Maßnahmen wie z.B. das Erstellen von Katastern, die Überprüfung der Bodenkontamination und die Entgiftung der Böden werden über längere Zeiträume erfolgen, vermutlich über Jahrzehnte. Die finanziellen Mittel dafür können angesichts der Knappheit kommunaler Finanzen nicht von den Kommunen aufgebracht werden. Es ist daher dringend geboten, dass sich das Land Rheinland-Pfalz und die Bundesrepublik Deutschland daran beteiligen.

Es geht hier in zweifacher Hinsicht um Arbeitsplätze. Einerseits fallen bei einem Abzug des Militärs Arbeitsplätze weg. Das sind nicht nur die Zivilbediensteten auf der Militärbasis. Das sind Arbeitsplätze im Handwerk, im Transportwesen und in Dienstleistungen. Andererseits geht es bei der Konversion um die Schaffung zukunftsfähiger neuer Arbeitsplätze. Beispiele aus der Konversionsgeschichte zeigen, dass die weitgehend beharrende Militärwirtschaft abgelöst werden kann durch kreative zivilen Arbeitsplätze mit Expansionspotenzial.

Alle Beteiligten bzw. Betroffenen sollen mit ins Boot genommen werden: Bürgerinnen und Bürger der Region, Umweltverbände und Friedensinitiativen, Vertreter der betroffenen Gemeinden und DGB-Gewerkschaften als Interessenvertreter der Beschäftigten sowie Repräsentanten demokratischer Parteien.

Ein erster praktischer Schritt um einen Konversionsprozess vorzubereiten wäre die Gründung eines „Zweckverbandes Konversion“, finanziert von Bund und Land mit jeweils 35 Prozent und Kommunen und DGB-Gewerkschaften mit jeweils 15 Prozent. Ein solcher Zweckverband könnte seine Arbeit etwa ab Mitte 2022 aufnehmen. Ausreichend ist zunächst ein Büro mit zwei bis drei Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen. Die erste Aufgabe ist der Dialog über das Thema mit der Bevölkerung, Materialsammlungen zur Konversionsgeschichte in Deutschland. Weitere Schritte sind mit allen Beteiligten und Betroffenen in Jahresversammlungen zu entscheiden.